Ausgewählte Urteile

Verantwortlichkeit / Haftung / Sicherheitsfonds

Sicherstellung von Leistungen beim Sicherheitsfonds und missbräuchliche Inanspruchnahme (BGer 9C_277/2018 vom 4. März 2019, zur Publikation vorgesehen) PDF »

Art. 56 BVG, Art. 56a BVG. Die mit dem gleichen Anschlussvertrag angeschlossenen Versicherten bilden ein Vorsorgewerk im Sinne von Art. 56 Abs. 3 BVG. Daher kann auch eine Gemeinschaftseinrichtung (weiterhin) für ein zahlungsunfähiges Versichertenkollektiv die Sicherstellung von Leistungen beim Sicherheitsfonds BVG beantragen (E. 4.3). Zur missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen des Sicherheitsfonds bzw. zum Verhältnis von Art. 56 Abs. 5 BVG und Art. 56a BVG (E. 6.3 ff.).
 

Zahlungsunfähigkeit des Versichertenkollektivs (BGE 143 V 219) PDF »

Art. 56 Abs. 1 lit. b und c, Art. 65d Abs. 1 BVG; Art. 25 SFV; Die Leistungspflicht des Sicherheitsfonds setzt kumulativ die Sanierungsunfähigkeit und die Zahlungsunfähigkeit des betroffenen Versichertenkollektivs voraus (E. 6). Für die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Zahlungsfähigkeit einer (erst) sanierungsunfähigen Rentnerkasse vorzeitig beendet werden soll, kommt es auf die konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls an (E. 7.2).

 

Kein Rückgriffsanspruch des Sicherheitsfonds BVG gegen den einzigen Verwaltungsrat der Finanzdienstleisterin der zahlungsunfähigen Vorsorgeeinrichtung
(BGE 141 V 119) PDF »

Ein Rückgriffsanspruch des Sicherheitsfonds BVG gegen den einzigen Verwaltungsrat der Finanzdienstleisterin der zahlungsunfähigen Vorsorgeeinrichtung, welcher stets in der Eigenschaft als Verwaltungsrat der Finanzdienstleisterin handelte und selber in keinem Vertragsverhältnis zur Vorsorgeeinrichtung stand, mithin keine Aufgabe im Bereich der beruflichen Vorsorge wahrnahm, entfällt (E. 3.3). Die Voraussetzungen für einen Haftungsdurchgriff sind nicht gegeben (E. 3.4).

 

Rückgriff der Stiftung Sicherheitsfonds BVG auf die Finanzdienstleisterin einer zahlungsunfähig gewordenen Vorsorgeeinrichtung (BGE 141 V 112) PDF »

Abgrenzung zwischen unverbindlicher Gefälligkeit und vertraglicher Bindung; wiederholtes Tätigwerden einer Finanzdienstleisterin im Interesse der Vorsorgeeinrichtung als Auftragsverhältnis qualifiziert (E. 5.2).

 

Haftung der Revisionsstelle (BGE 141 V 93) PDF »

Umstände, welche auf ein mittleres Risiko einer Vorsorgeeinrichtung und einen höheren Kontrollbedarf schliessen lassen (E. 6.2.1 und 6.2.2). Vermag die Vorsorgeeinrichtung auf Verlangen der Revisionsstelle hin keinen Beleg für ihr Hauptaktivum vorzulegen, drängt sich – bei den gegebenen Verhältnissen – eine Detailprüfung auf (E. 6.2.3). Der Umstand, dass das BSV der Vorsorgeeinrichtung für die ordentliche Berichterstattung diverse Fristerstreckungen gewährte, entbindet die Revisionsstelle nicht von ihrer (fortzuführenden) Prüfungspflicht in Bezug auf die Jahresrechnung (E. 6.2.4).

 

Haftung des BVG-Experten (BGE 141 V 71) PDF »

Behauptungs- und Bestreitungspflicht im Schadenersatzverfahren (E. 5.2.2 und 5.2.3).

Eine Bankgarantie, welche der Absicherung der Vorsorgegelder und der Verzinsung dient, ist wesentliches Element des vom BVG-Experten zu überprüfenden Anlagekonzepts (E. 6).

Abänderung eines Dispositivs betreffend sieben Solidarschuldverhältnisse mit jeweils unterschiedlicher personeller Zusammensetzung (E. 9.4)

 

Verantwortlichkeit des Stiftungsrats (BGE 141 V 51) PDF »

Die im Zeitpunkt der effektiven Begründung der Organstellung unmittelbar einsetzende Haftung des Stiftungsrats bedingt, dass dieser sich vor der Mandatsübernahme ein genügend umfassendes Bild der Einrichtung verschafft (E. 6.1).

Die Sorgfaltspflicht bestimmt sich nicht nach den Fachkenntnissen, sondern nach objektiven Kriterien (E. 6.1).

Die unübertragbare Verantwortung für die Anlagestrategie obliegt dem Stiftungsrat als Ganzes. Pflichten der (übrigen) Stiftungsratsmitglieder im Falle der Übertragung der Umsetzung der Anlagestrategie an ein einzelnes Mitglied (E. 6.2.3).

Offengelassen, ob die differenzierte Solidarität gemäss Art. 759 Abs. 1 OR auch in Bezug auf die berufsvorsorgerechtliche Schadenersatzpflicht gelten soll (E. 9.2).

 

Verantwortlichkeit der Kontrollstelle in Bezug auf Anlagen beim Arbeitgeber
(BGE 140 V 405) PDF »

Anlagen der Vorsorgeeinrichtung bei der Stifterfirma sind grundsätzlich ein Risiko. Anfang der 1990er-Jahre wurden die Anforderungen an die Bonität der Stifterfirma zwar eher grosszügig gehandhabt, beinhalteten aber jedenfalls eine Überprüfung der wirtschaftlichen Situation der Arbeitgeberfirma (E. 5.2).

Beurteilt die Revisionsstelle – in einer ausserhalb ihrer Funktion als Kontrollstelle erteilten Auskunft – den Kauf von Aktien der Stifterfirma als gesetzmässig, weil ihr von den (später strafrechtlich verurteilten) Organen der Stifterfirma ein beträchtlich tieferer Kaufpreis als der effektiv bezahlte angegeben wurde, entfällt deren Haftung unter dem Gesichtspunkt der adäquaten Kausalität selbst dann, wenn eine Pflichtwidrigkeit zu bejahen wäre (E. 5).

Tritt ein Verschulden der Revisionsstelle in Zusammenhang mit dem Verfassen von Kontrollstellenberichten im Vergleich zu den kriminellen Machenschaften der Stiftungsorgane der Pensionskasse derart in den Hintergrund, dass der Kausalzusammenhang als unterbrochen zu betrachten ist, fällt eine Haftung ausser Betracht (E. 6).

 

Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in verantwortlichkeitsrechtlichen Streitigkeiten der beruflichen Vorsorge (BGE 139 V 176) PDF »

Die Frage, ob Rechtsstreitigkeiten gestützt auf die Verantwortlichkeitsbestimmungen von Art. 52 und 56a BVG Fälle einer Staatshaftung im Sinne von Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG darstellen, wurde offengelassen (E. 2.2).

 

Rechtsweg (BGE 139 V 127) PDF »

Der Rückgriffsanspruch des Sicherheitsfonds BVG gegen die Eidgenossenschaft mit der Begründung, diese habe ihre direkte Aufsichtspflicht über eine Vorsorgeeinrichtung verletzt, ist auf dem Klageweg gemäss Art. 73 BVG und nicht im Rahmen der Staatshaftung durchzusetzen (E. 5).

 

Verantwortlichkeit des Geschäftsführers einer Vorsorgeeinrichtung /
Verrechnung einer Forderung aus Verantwortlichkeit mit Hinterlassenenleistungen
(BGE 138 V 235; Pra 102 [2013] Nr. 10) PDF »

 

Die Haftungsbestimmung in Art. 52 Abs. 1 BVG, welche unabhängig von der Rechtsform der Vorsorgeeinrichtung Anwendung findet, gewährt der geschädigten Vorsorgeeinrichtung einen direkten Anspruch gegenüber den formellen oder faktischen Organen. Ob ein Organ schuldhaft seine Pflichten vernachlässigt hat, hängt von der Verantwortung und den Kompetenzen ab, welche ihm von der Vorsorgeeinrichtung eingeräumt werden (E. 4).

Solange nicht in das Existenzminimum eingegriffen wird, kann die Vorsorgeeinrichtung eine Schadenersatzforderung gegen ihr ehemaliges Organ mit der dessen Witwe geschuldeten Hinterlassenenrente verrechnen (E. 7.2-7.4).

Von Bundesrechts wegen darf der eingetretene Schaden nicht mit dem Gegenwert der mathematischen Reserve für die laufende Rente verrechnet werden. Verrechnung ist nur im Umfang der fälligen monatlichen Rentenbetreffnisse zulässig (E. 7.5).

 

Verantwortlichkeit der Kontrollstelle in Bezug auf Anlagen beim Arbeitgeber
(BGE 137 V 446) PDF »

Die Kontrollstelle hat in Bezug auf die Geschäftsführung der Vorsorgeeinrichtung nur eine Rechtmässigkeitsprüfung und nicht auch eine Zweckmässigkeitsprüfung vorzunehmen (E. 6.2.2).

Offengelassen, ob und inwieweit die Liquidität in der Regel einer Prüfung unterliegt (E. 6.2.3).

Kreditfinanzierte Vermögensanlagen sind nicht per se unzulässig (E. 6.2.6).

Offengelassen, ob an Stelle der effektiven Leistung der BVG-Beiträge auch eine Forderung der Vorsorgeeinrichtung gegen den Arbeitgeber gebucht werden kann (E. 6.3).

Begriff der Bonität, welcher von der Überschuldung nach Art. 725 OR zu unterscheiden ist (E. 6.3.3.3).

Unter dem Gesichtspunkt des adäquaten Kausalzusammenhangs entfällt selbst bei pflichtwidrigem Verhalten eine Haftung, wenn der Schaden auch bei pflichtgemässem Verhalten nicht hätte verhindert werden können, welcher Tatbestand im konkreten Fall als gegeben zu betrachten ist (E. 7.3 und 7.3.2.2).

 

Sachliche Zuständigkeit; doppelrelevante Tatsachen (BGE 135 V 373) PDF »

Die sachliche Zuständigkeit des Berufsvorsorgegerichts zur Beurteilung einer Rückgriffsklage des Sicherheitsfonds ist bereits gegeben, wenn die zur Begründung des eingeklagten Anspruchs vorgebrachten Tatsachen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorliegen (E. 3.4).

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